29.12.06

2006: Eine rückwärtsgerichtete Nabelschau in Wort und Bild

2006 passierte eigentlich nichts in der Welt und Deutschland - besonders keine Fußball-WM. Dennoch konnte man sich auf eines verlassen: diesen Blog. Content, content, content - konsequent am Thema vorbei und immer suggestiv. Wenn die Kanzlerin dem Nahen Osten den Zufuhrkrieg erklärte, gab's bei uns koschere Kochrezepte. Wenn Altkanzler Schrejder das gesamte eurasische Erdgas in seine düstere Ruhestandsfestung abpumpte, machten wir uns über Uli Wickert lustig. Der Wechsel von Guten Abend, Deutschland zu RANZIG @ DANZIG markierte eine Trendwende im Stil - nicht zuletzt wegen des Verlusts von Redaktionsmatratze und Voodoo-Politologen Grommel.

Noch einschneidender war allerdings die Großwetterlage in der großeuropäischen Presselandschaft. Nach dem Karikaturenstreit war auch R@D auf dem Kieker der Sittenwächter zweier Weltreligionen und den Rollkommandos der CDU, weil auch wir mit unsensiblen Heiland-Witzen nicht an uns halten konnten. Die Zensur zwang uns ein neues Format auf, und der einst ach so bissige politische Kommentar von GAD und R@D verdampfte teilweise zwischen den Zeilen der vierundzwölfzigsten Filmrezension der Woche. Aber 2006 war auch für zahlreiche Innovationen gut: das Blog bewegte sich auf literarischem wie auch sportjournalistischem Parkett sicher und mit Anmut. Ganz groß: die neue Wissenschaftssparte von GAD, die es leider irgendwie nicht so richtig zu R@D rübergeschafft hat. Hier wurden kitzlige aktuelle Themen wie der bundesdeutsche demografische Holocaust, die Vogelgrippe, moderne Westentaschenpsychometrie und natürlich Geschichtsrevisionismus von ausgewiesenen und eingewiesenen Keksperten kunstgerecht verfehlt.

Die Hinwendung zum Lifestyle-Schund wurde auch an der mehr biografischen Ausrichtung des Blogs deutlich. Der völlige Mangel an welthistorischen Ereignissen trieb die Redaktion in die schamlose Selbstdarstellung. Im November beginnt schließlich mit dem RAMSCHLADEN @ RANZIG @ DANZIG der Sell-Out von R@D. Hier kann man sich zu horrenden Preisen das ein oder andere salonbolschewistische Gedankenticket in T-Shirt-Form kaufen. Bislang ist der Ramschladen leider ein bodenloses Minusgeschäft für die Verlagsgruppe Grantich International, und auch das Weihnachtsgeschäft war kein solches. Die Aktionäre schlagen Eiterblasen vor Zorn. Für das neue Jahr bleibt R@D nur noch das Gebet an den Schutz- und Plagegeist aller Blogger - Maddox, der mit nur vier Posts in 2006 locker das Prädikat Best Page in the Universe verteidigt. So wollen wir auch mit einem Zitat schließen:

Bloggers are ruining the internet. What are "bloggers"? They're fat--usually gothic--losers who keep web logs instead of hanging out with friends because they wet the bed and don't have any. A web log is a type of online diary where people who aren't important can pretend to be by writing to an imaginary audience. Girls are notorious for keeping these. On a typical site, you'll find a 17 year old girl with hundreds of webcam pictures of herself pasted everywhere, an Amazon wish list so they can exploit wankers that visit their site, and about 2 gigs worth of text documenting every time they took a shit, had an epiphany about taking a shit or ate something (all written in extremely stylish, yet IMPOSSIBLE TO READ micro-font).

22.12.06

Neue patriotische T-Shirts eingetroffen!

Garantiert nicht mehr vor Weihnachten im RAMSCHLADEN @ RANZIG @ DANZIG erhältlich:

VOLK OHNE WAGEN

1. FC SCHLAGMICHTOT

Rückseite: Woooaah, Fußball! Geil. Grunz.


20.12.06

Weihnachten isst Scheiße


So. Jetzt gibt's erstmal keinen Post für eine lange Zeit. Schuld daran ist die alte Pottsau Weihnachten (und indirekt Jesus). Hassmail bitte direkt an den Papst, denn Weihnachten hört nur auf, wenn man die Strukturen dahinter bekämpft.

18.12.06

Was für Geister denn?

Goyas Geister (Goya’s Ghosts)

Als großer Anhänger von Amadeus und Larry Flint wollte ich unbedingt Goyas Geister, den aktuellen Film von Milos Forman, sehen. Falsch lag ich. Vermutlich ist es sowieso falsch, von irgendeinem auf einen anderen Film zu schließen, aber es schien doch nahezuliegen, ein weiteres Pseudo-Biopic mit komödiantischen und tragischen Elementen zu erwarten, das die Berühmtheit und womöglich „Größe“ einer historischen Gestalt als schrullige und schöpferische Exzentrik darstellt. Gemeinsam mit Amadeus hat GG auch, dass die Hauptfigur nicht der jeweils einschlägige Zampano Amadoya ist, nachdem der Film auch benannt ist, sondern dessen furchengesichtiger, vom Schicksal gebeutelter, manipulativer Gegenspieler.

Furchengesichtigkeit ist dann auch Haupteigenschaft von Lorenzo Schlagmichtot, dem opportunistischen Inquisitionsazubivergewaltigersozialrevolutionärfamilienvater. Er ist eben böse, naja, soviel hatten wir auch schon in der ersten Viertelstunde mitbekommen. Wolfgangus Theopilusens Antagonist Salieri (F. Murray Abraham – F. Murray Abraham!) war da viel interessanter und überzeugender – zwischen Bewunderung und Neid hin- und hergerissen. Lorenzo will kräftig böse sein, versagt aber ziemlich schnell und wird schon früh im Film von einem alten, kleinen Mann und seinen metrosexuellen Söhnen komplett plattgemacht. Da will ich jetzt aber nicht zuviel verraten, das ist eine der ziemlich okayen Szenen im Film.

Goya ist völlig verschwommen. In Vor- und Abspann wird mit Gewalt die Gewaltigkeit seiner (des echten) Bilder beschworen, nur um dann in den zwei Stunden in der Mitte eine Charakterisierung des Künstlers gezielt zu umgehen. Die Umdeutung Wolferls in einen albernen, aber genialen Popstar war ja gerade die Stärke von Amadeus. Der Film-Goya wetttert geduldig alle geschichtlichen Umwälzungen und Schicksalsschläge ab, die so über ihn hereinbrechen (Französische Revolution, Taubheit), ohne irgendeine Motivation zu entwickeln. Kackschade, denn im Unterschied zu Mozarts Schaffen, mit dem ich nichts anfangen kann, finde ich Goyas Bilder überaus ausdrucksstark. Die Dinger haben sozialen Wumms, der Film-Goya nicht. Er malt halt so. Vielleicht war das damals sogar so, aber warum dann einen Film draus machen?

Nicht vergessen: Natalie Portman spielt mit. Da musste ich auch mal lachen. Sie altert im Film fünfzehn Jahre, was durch aufgeklebte Pusteln und eine dilettantisch gespielte Kieferfehlstellung dargestellt wird, und spielt dann auch ihre Tochter. Brilliant. Nicht. Außerdem doof: die Überstrapazierung des Begriffes „peinliche Befragung“, als ob nobody expected the Spanish Inquisition. Im ersten Drittel gibt es einen Dialog, der ungefähr so lautet:

Reicher Spanier: Ines wurde einer peinlichen Befragung unterzogen?

Furchengesichtiger Spanier: Ines wurde einer Befragung unterzogen, die wir peinliche Befragung nennen.

Weiblicher Spanier: Einer peinlichen Befragung?

Furchengesichtiger Spanier: Ja, einer peinlichen Befragung.

Weinerlicher Spanier: Ines? Einer peinlichen Befragung? Unterzogen?

Furchengesichtiger Spanier: Ines wurde in der Tat einer peinlichen Befragung unterzogen.

Reicher Spanier (verzweifelt): Ines. Einer peinlichen Befragung. Unterzogen.

Pause

Goya: Köstlich, dieses spanische Essen. Möchte noch jemand?

Don’t watch.

0/2


15.12.06

Couture banlieu


Der RAMSCHLADEN @ RANZIG @ DANZIG legt mit diesem an angelsächsische Soziologie angelehnten Motiv noch mal kräftig nach, was passende Weihnachtsgeschenke für Angehörige des Bildungsprekariats anlangt. Kaufen. Anziehen. Besser sein.


14.12.06

News clippings from hell


9.12.06

WEIHNACHTEN! JESUS! WTF! CAPS LOCK!

Weihnachten, die laute Jahreszeit. Wettermäßig ist sie kaum noch zu unterscheiden von Ostern, aber zum Glück übernimmt die Gesellschaft die Funktion der geschundenen Natur und zeigt uns an, wie wir fühlen, denken, kaufen sollen. Und mit Gesellschaft meine ich: das Kapital. Klingt jetzt kritisch, ist aber gar nicht so gemeint. Ich will auch zum feiertagsdiktierenden Großkapital gehören, aber dafür brauche ich Geld. Und hier kommt Weihnachten ins Spiel. Ihr braucht Geschenke, ich brauche Geld. Ihr habt Geld - und ich, ich habe jetzt auch Geschenke in meinem metaphorischen Sack. Kauft oder ertragt den Hass eurer unbeschenkten Mitmenschen!


Das Leben ist kein Wackelpudding! Das ist wahr, jedoch trivial. Seit aber jeder aus dem Fernsehen weiß, dass das Leben kein Ponyhof ist, steigt die Nachfrage nach zitierfähigem Aphorismusmüll. Meine Das-Leben-ist-kein-Produktreihe ermöglicht die personalisierte Zutextung aller Mitmenschen, die einen guten Ausblick auf eure Brust haben. T-Shirts, Tops, Rucksäcke, Jacken etc. zeugen von eurer Philosophie (or lack thereof). Hier noch ein paar Vorschläge, falls euch Spacken nix einfällt: Das Leben ist kein Meisenknödel! Das Leben ist keine Gemischtwarenhandlung!

Germany's next fuckin' chancellorette. Wer sowas verschenkt, ist heute ein Schleimer, aber morgen vielleicht schon Außenminister. Investiert doch mit diesem Geschenk (auch als Shirt, Top etc. erhältlich) jetzt schon in eure eigene politische Zukunft. Die Beschenkte wird euch nicht vergessen, nachdem ihr Auftritt beim TV-Duell gegen Amtsinhaberin Merkel dank dieses Kleidungsstücks das Wahlvieh hinreichend für sie eingenommen haben wird.


ENDGEGNER. Oh wie knuddelig! Genau das richtige Geschenk für diesen pickligen Informatikstudenten, der immer euren Computer repariert, wenn er nicht gerade World of Warcraft spielt oder andere Dinge tut, die euch vage beängstigen, weil ihr sie nicht versteht. Verhindert durch diesen Knuddelschatz, dass der Killerspieljunkie zu einem gefühllosen und ungeliebten Amokläufer wird, der euch am Ende der Weihnachtsferien zusammen mit den anderen Kollegen/Mitschülern/Kommilitonen in einer Orgie aus Blut hinwegrafft. Teddys treudoofer Blick macht sowas unmöglich. (Auch und gerade als Kleidungsstück oder Mousepad zu haben.)

Diese und weitere konfessionslose weihnachtsrettende Accessoires gibt es natürlich nur beim RAMSCHLADEN @ RANZIG @ DANZIG.

6.12.06

Uuuh, ich bin Mitte dreißig, reich und habe sooolche Probleme - macht einen Film aus mir!

The Holiday (Liebe braucht keine Ferien)

Ich muss dringend wieder zu meiner früheren Politik zurückkehren, Filme zu rezensieren, die ich nicht gesehen habe. Jetzt weiß ich auch wieder, warum das besser ist als sich tatsächlich Filme anzuschauen. Und ich habe auch wieder ganz frisch gelernt, dass sneak und preview die hässlichsten Wörter sind, die die englische Sprache zu bieten hat. Pfui.

Was ist denn so eine Sneak Preview? (Janz dumm, Dampfmaschin usw.) Eine heimliche Vorschau, so könnte man übersetzen. Wenn man mal die Tatsache gedanklich unangetastet lässt, dass das ganze soooo heimlich und anrüchig illegal ist, dass es 3,60 E-Mark kostet und in der Zeitung angekündigt wird, so ist das schlimmste daran der Überraschungseffekt. Denn Sie wissen nicht, was Sie sehen, so wird geworben. Ich wünschte, ich wüsste nicht, was ich da sehen musste!

Roll the credits: Jude Law. Guter Mann. Kate Winslet. Auch guter Mann. Jack Black. Sicher ein lustiger Film, der Kauzigkeit nicht zu dünn aufs Knäckebrot der Lichtspielunterhaltung schmiert. Cameron Diaz. Nö, oder? Ich war weder vor dem Film, noch bin ich danach außergewöhnlich homosexuell orientiert, aber jetzt weiß ich: Lieber würde ich mit Jude Law liegen als mit Sumpfhexe Diaz. Am Schluss flennt sie in einem Taxi. Ihre Augen werden rot, sie zieht die Lefzen bis zu den Löffeln und untotgeschminktes Mittdreißigerfleisch wirft San-Andreas-Spalten. Das ist der erste Moment im Film, in dem ihre Gesichtszüge einen Sinn ergeben.

Eigentlich begann es aber schon mit den Trailern. Nachdem Vorschauen für Eragon – Das Vermächtnis der Drachenreiter, Arthur und die Minimoys, Die Wilden Kerle 4 – Angriff der Silberlichten etc. mir die Abschaffung meiner Augen nicht mehr als extreme Maßnahme erscheinen ließen, kam noch ein Trailer, der alles davor toppte: Hänsel und Gretel (or so I thought) gehen durch den Wald; es kommt unheimliche Musik, und dann ist Gretel weg. Ich denke: eine düstere Märchenverfilmung, vielleicht sogar Horror. Dann springen mir aber plötzlich buntige Elfchen, Schloss Neuschwanstein und CGI-Wölfe aus Herr der Ringe (diesmal niedlich) und andere knallbunte Scheiße ins Gesicht. Gretel steht auf einer Anhöhe und betrachtet ein wichsgrünes Tal mit ätzend-farbenfrohen Schmetterlingen und allem, was seit Die Choliken von Hernia so zu einem schlechten Kinderfilm gehört, und sagt, ergriffen: Ich nenne es Tribatinugirianibitusialipimia. (Oder so ähnlich.) Überzeugend. Da der Filmtitel Gretels verschwurbelten imperialistischen Benennungsakt beinhaltet, habe ich ihn mir nicht gemerkt und kann jetzt nicht wirkungsvoll davor warnen. Aber im Prinzip waren alle Trailer so: gesichtslose CGI-Waldschlümpfe kämpfen mit Cross-Motorrädern gegen Jeremy Irons, der als Grima Schlangenzunge verkleidet ist. Ich dachte mir: Na gut, ich bin zwei Wochen oder so nicht mehr im Kino gewesen. Anscheinend sind jetzt alle, alle Filme schlecht, die ab einem gewissen Zeitpunkt gedreht wurden. Ist ja nicht so, dass ich das nicht erwartet hätte. Auch das Publikum gehörte einer neuen Generation von Konsumenten an, wie ich während des Hauptfilms feststellen musste: man lacht jetzt, sobald man einen Witz verstanden hat; witzig muss er nicht sein.

Ach ja, der Hauptfilm. Verschwindet man, wenn man in den eigenen Arsch kriecht? Nun hatte ich zwei Stunden Zeit, es zu versuchen. Story: dumm. Figuren: dumm. Dialoge: dumm und lang. Ein Film, der fast gar nicht mehr aufhörte. Immerhin: kein Happy End. Cameron Diaz wurde nicht von einer Herde Büffel mit Kettensägenhufeisen zertrampelt. Gewagt, verstörend, jugendgefährdend.

0/2 (und das ist noch zu gut)

4.12.06

Beavis and Butthead back with a bang


Huh-huh. You kick first. Huh-huh. C'mon. - No, eh-eh, you kick first. Eh.

Huh-huh. - Eh-eh.

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