6.12.06

Uuuh, ich bin Mitte dreißig, reich und habe sooolche Probleme - macht einen Film aus mir!

The Holiday (Liebe braucht keine Ferien)

Ich muss dringend wieder zu meiner früheren Politik zurückkehren, Filme zu rezensieren, die ich nicht gesehen habe. Jetzt weiß ich auch wieder, warum das besser ist als sich tatsächlich Filme anzuschauen. Und ich habe auch wieder ganz frisch gelernt, dass sneak und preview die hässlichsten Wörter sind, die die englische Sprache zu bieten hat. Pfui.

Was ist denn so eine Sneak Preview? (Janz dumm, Dampfmaschin usw.) Eine heimliche Vorschau, so könnte man übersetzen. Wenn man mal die Tatsache gedanklich unangetastet lässt, dass das ganze soooo heimlich und anrüchig illegal ist, dass es 3,60 E-Mark kostet und in der Zeitung angekündigt wird, so ist das schlimmste daran der Überraschungseffekt. Denn Sie wissen nicht, was Sie sehen, so wird geworben. Ich wünschte, ich wüsste nicht, was ich da sehen musste!

Roll the credits: Jude Law. Guter Mann. Kate Winslet. Auch guter Mann. Jack Black. Sicher ein lustiger Film, der Kauzigkeit nicht zu dünn aufs Knäckebrot der Lichtspielunterhaltung schmiert. Cameron Diaz. Nö, oder? Ich war weder vor dem Film, noch bin ich danach außergewöhnlich homosexuell orientiert, aber jetzt weiß ich: Lieber würde ich mit Jude Law liegen als mit Sumpfhexe Diaz. Am Schluss flennt sie in einem Taxi. Ihre Augen werden rot, sie zieht die Lefzen bis zu den Löffeln und untotgeschminktes Mittdreißigerfleisch wirft San-Andreas-Spalten. Das ist der erste Moment im Film, in dem ihre Gesichtszüge einen Sinn ergeben.

Eigentlich begann es aber schon mit den Trailern. Nachdem Vorschauen für Eragon – Das Vermächtnis der Drachenreiter, Arthur und die Minimoys, Die Wilden Kerle 4 – Angriff der Silberlichten etc. mir die Abschaffung meiner Augen nicht mehr als extreme Maßnahme erscheinen ließen, kam noch ein Trailer, der alles davor toppte: Hänsel und Gretel (or so I thought) gehen durch den Wald; es kommt unheimliche Musik, und dann ist Gretel weg. Ich denke: eine düstere Märchenverfilmung, vielleicht sogar Horror. Dann springen mir aber plötzlich buntige Elfchen, Schloss Neuschwanstein und CGI-Wölfe aus Herr der Ringe (diesmal niedlich) und andere knallbunte Scheiße ins Gesicht. Gretel steht auf einer Anhöhe und betrachtet ein wichsgrünes Tal mit ätzend-farbenfrohen Schmetterlingen und allem, was seit Die Choliken von Hernia so zu einem schlechten Kinderfilm gehört, und sagt, ergriffen: Ich nenne es Tribatinugirianibitusialipimia. (Oder so ähnlich.) Überzeugend. Da der Filmtitel Gretels verschwurbelten imperialistischen Benennungsakt beinhaltet, habe ich ihn mir nicht gemerkt und kann jetzt nicht wirkungsvoll davor warnen. Aber im Prinzip waren alle Trailer so: gesichtslose CGI-Waldschlümpfe kämpfen mit Cross-Motorrädern gegen Jeremy Irons, der als Grima Schlangenzunge verkleidet ist. Ich dachte mir: Na gut, ich bin zwei Wochen oder so nicht mehr im Kino gewesen. Anscheinend sind jetzt alle, alle Filme schlecht, die ab einem gewissen Zeitpunkt gedreht wurden. Ist ja nicht so, dass ich das nicht erwartet hätte. Auch das Publikum gehörte einer neuen Generation von Konsumenten an, wie ich während des Hauptfilms feststellen musste: man lacht jetzt, sobald man einen Witz verstanden hat; witzig muss er nicht sein.

Ach ja, der Hauptfilm. Verschwindet man, wenn man in den eigenen Arsch kriecht? Nun hatte ich zwei Stunden Zeit, es zu versuchen. Story: dumm. Figuren: dumm. Dialoge: dumm und lang. Ein Film, der fast gar nicht mehr aufhörte. Immerhin: kein Happy End. Cameron Diaz wurde nicht von einer Herde Büffel mit Kettensägenhufeisen zertrampelt. Gewagt, verstörend, jugendgefährdend.

0/2 (und das ist noch zu gut)

Comments:
Sehr treffend beschrieben! so hat sich dein Besuch des Filmes wenigstens für mich gelohnt!
 
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